Übersicht Erdbebengefährdung Schweiz

Erdbeben lassen sich bisher weder verlässlich vorhersagen noch verhindern. Dank intensiver Forschung ist aber mittlerweile viel über die Erdbebengefährdung bekannt. Diese zeigt anhand eines Modells auf, wie oft und wie stark die Erde an bestimmten Orten in Zukunft beben könnte.

Das Erdbebengefährdungsmodell der Schweiz basiert auf Kenntnissen der Tektonik und Geologie, Informationen über die Erdbebengeschichte, Schadensbeschreibungen sowie Modellen der Wellenausbreitung. Fachpersonen und Behördenvertreter nutzen es als Ausgangspunkt, um Entscheide im Bereich der Erdbebenvorsorge und des integralen Risikomanagements zu treffen. Zudem gründen darauf die Erdbebenbaunormen.

Übersicht

Was zeigt die Erdbebengefährdungskarte der Schweiz?

Die Erdbebengefährdungskarte zeigt die horizontale Beschleunigung bei 5 Hertz, die ein Gebäude auf felsigem Untergrund mit einer Wahrscheinlichkeit von 10 % innerhalb von fünfzig Jahren erfährt.

Erdbebengefährdung in der Schweiz

Das Erdbebengefährdungsmodell bestätigt die Schweiz als Erdbebenland. Im Mittel ist alle 8 bis 15 Jahre mit einem Erdbeben der Magnitude 5 zu rechnen, auch wenn das letzte Beben dieser Magnitude knapp 25 Jahre zurück liegt (Vaz GR, 1991). Bei einem solchen Beben sind je nach Region und Tiefe des Hypozentrums zahlreiche Schäden an Gebäuden zu erwarten. Beben mit einer Magnitude von 6 oder grösser, bei denen weiträumige und teils starke Schadensbilder möglich sind, ereignen sich durchschnittlich alle 50 bis 150 Jahre. Beben dieser Magnituden sind im Prinzip jederzeit und überall in der Schweiz möglich, das bisher letzte traf 1946 das Oberwallis (Sierre VS, 1946).

Wie zu erwarten, hat sich die räumliche Verteilung der Erdbebengefährdung im Vergleich zu 2004 nicht massgeblich verändert. Das Wallis bleibt die Region mit der höchsten Gefährdung in der Schweiz, gefolgt von Basel und Graubünden, der Zentralschweiz, dem St. Galler Rheintal und den übrigen Gebieten. Die Gefährdungsabschätzung für das Bündnerland liegt neu ähnlich hoch wie jene für die Region Basel. Diese leicht erhöhte Einstufung des Kantons Graubünden erklärt sich vor allem durch eine angepasste Beurteilung der Beben der Vergangenheit.

Neben der im Vergleich zu anderen Regionen leicht erhöhten Gefährdungseinschätzung für den Kanton Graubünden weist das Erdbebengefährdungsmodell 2015 verglichen mit 2004 in vielen Frequenzbereichen höhere Werte für die zu erwarteten Bodenbewegungen auf. Dies ist primär auf die Auswertung zahlreicher neu aufgezeichneter Daten aus dem Nahfeld von grösseren Beben im In- und Ausland zurückzuführen. Sie sind vielfach höher als bisher erwartet ausgefallen.

Die Abbildung links zeigt exemplarisch für den Standort Martigny das Erdbebengefährdungsmodell 2015 (CH15) für verschiedene Frequenzen im Vergleich zum Modell 2004 (CH04) sowie zu den in den SIA Normen festgelegten Spektren (SIA261). Das Erdbebengefährdungsmodell deckt verglichen mit 2004 grössere Frequenzbereiche ab und liegt in bestimmten Bereichen etwas höher. Rechts werden die sogenannten Gefährdungskurven die Wiederkehrperioden der zu erwartenden spektralen Beschleunigung — für den Standort Basel bei einer Frequenz von 5 Hertz verglichen.

Die relativen Unterschiede zwischen 2015 und 2004 betragen für eine Wiederkehrperiode von 475 Jahren und eine Frequenz von 5 Hz für einen Standort im Wallis ungefähr 30 Prozent. Dies entspricht absolut 0.07 g (Erdbeschleunigung). Stärker ist der prozentuale Anstieg in Regionen mit geringerer Gefährdung wie etwa der Zentralschweiz oder dem Jura: Hier stiegen die Werte zwar absolut nur um 0.03 g bis 0.05 g an, was jedoch einem relativen Anstieg von 50 bis 70 Prozent entspricht. Ab einer Frequenz von 2 Hz oder weniger sind die Werte von 2015 aber vergleichbar beziehungsweise in manchen Regionen um bis zu 10 Prozent niedriger als 2004. Allgemein gilt: Die Unsicherheiten in der Abschätzung der zu erwartenden Bodenbewegungen fallen 2015 deutlich geringer aus als 2004. Kleinere Unsicherheiten sind ein Zeichen, dass sich die zahlreichen Arbeiten auszahlen, welche die Grundlage des neuen Erdbebengefährdungsmodells bilden.