13.12.2024

Bund definiert neue Schwerpunkte für die Erdbebenvorsorge

Der Bund stärkt den Schutz vor Erdbeben in der Schweiz weiter. An seiner Sitzung vom 13. Dezember 2024 hat der Bundesrat das aktualisierte eidgenössische Massnahmenprogramm Erdbebenrisikomanagement für die Jahre 2025 bis 2028 verabschiedet. Der Schweizerische Erdbebendienst (SED) an der ETH Zürich stellt weiterhin den Betrieb des seismischen Messnetzwerkes sicher und gewährleistet die Alarmierung im Ereignisfall. Einer der Schwerpunkte für die kommenden vier Jahre liegt auf der Weiterentwicklung des Erdbebenrisikomodells und der Aktualisierung des nationalen Erdbebengefährdungsmodells. Darüber hinaus unterstützt der SED die Umsetzung verschiedener Massnahmen, die aus der Nationalen Vorsorgeplanung hervorgegangen sind, sowie die Integration der neuen europäischen Tragwerksnormen in die Grundlagen des Bundes für erdbebensicheres Bauen.

Der Bundesrat übermittelte zudem eine Botschaft zur Finanzierung der Behebung von Gebäudeschäden bei Erdbeben. Er schlägt vor, dass sich Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer bei einem Erdbeben an den Kosten der Behebung von Gebäudeschäden beteiligen sollen.

Aktualisierung des Erdbebenrisikos und der -gefährdung

Das Erdbebenrisikomodell zeigt auf, welche Auswirkungen Erdbeben in der Schweiz haben können. Dazu gehören die möglichen Schäden an Gebäuden sowie die damit verbundenen finanziellen und menschlichen Verluste. Grössere Erdbeben können häufig Sekundäreffekte wie Brände, Bodenverflüssigungen, Massenbewegungen oder See-Tsunamis auslösen. Die Arbeiten zur Integration solcher Sekundäreffekte in das Erdbebenrisikomodell werden nun starten. Zusätzlich sollen künftig auch die Auswirkungen auf Infrastrukturen berücksichtigt werden, die bisher im Modell nicht abgebildet sind.

Eine der zentralen Komponenten des Erdbebenrisikomodells ist das Gefährdungsmodell. Es zeigt, wie oft und wie stark die Erde an bestimmten Orten in Zukunft beben könnte. Seit der letzten Aktualisierung im Jahr 2015 hat sich die Datengrundlage dank den Investitionen in das Messnetz und der tausenden zusätzlich aufgezeichneten Erdbeben erheblich erweitert. Auch die Berechnungsmethoden sowie die Qualität der verschiedenen Modellkomponenten haben sich signifikant verbessert. Die aktualisierte Version des Gefährdungsmodells soll zudem verstärkt computergestützte Simulationen integrieren.

Weitere Schwerpunkte der nächsten vier Jahre

Die 2024 fertiggestellte Nationale Vorsorgeplanung Erdbeben regelt die Rollen von Bund, Kantonen und Infrastrukturbetreibern bei der Bewältigung und dem Wiederaufbau nach einem schweren Erdbeben. Die darin enthaltenen Massnahmen (z. B. Ressourcenmanagement Bund, Katastrophenmedizin) erhöhen die Resilienz der Schweiz auch gegenüber anderen Gefahren und sollen bis 2028 umgesetzt werden. Als Mitglied des Europäischen Komitees für Normung (CEN) wird die Schweiz per Ende 2027 zudem die neuen europäischen Tragwerksnormen (Eurocodes) einführen. Diese werden die heute gültigen Tragwerksnormen des Schweizerischen Vereins für Ingenieure und Architekten (SIA) nach einer gewissen Übergangsfrist ablösen.

Finanzierung der Behebung von Gebäudeschäden bei Erdbeben

Aktuell sind lediglich etwa 15 Prozent der Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer gegen Erdbebenschäden versichert. Von den kantonalen Gebäudeversicherungen verfügt einzig der Kanton Zürich über einen begrenzten Erdbebenfonds mit einer Deckung von 1 Milliarde CHF. In 17 weiteren Kantonen stellen kantonale Gebäudeversicherer im Rahmen des Schweizerischen Pools für Erdbebendeckung auf freiwilliger Basis finanzielle Mittel von bis zu 2 Milliarden CHF in Aussicht.

Über einen Zeitraum von 100 Jahren können Erdbeben in der Schweiz allein an Gebäuden und ihren Inhalten einen wirtschaftlichen Schaden von 11 bis 44 Milliarden CHF verursachen, wie das vom SED erstellte Erdbebenrisikomodell der Schweiz aufzeigt. Das Risiko verteilt sich dabei nicht gleichmässig über die Zeit, sondern ist durch seltene, katastrophale Erdbeben dominiert, die meistens ohne Vorwarnung auftreten.

Der Bundesrat schlägt vor, die finanziellen Auswirkungen für Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer, insbesondere jene ohne Versicherung, durch einen zweckgebundenen Beitrag abzufedern, um somit einen raschen Wiederaufbau nach einem Schadensereignis zu ermöglichen. Vorgesehen ist, dass alle Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer nach einem schweren Erdbeben einen Beitrag von maximal 0.7 Prozent der Gebäudeversicherungssumme zur Schadensdeckung leisten. Damit könnten gegenwärtig Gebäudeschäden von bis zu rund 22 Milliarden CHF abgedeckt werden. Das entspricht einem Schaden, der gemäss Erdbebenrisikomodell ungefähr innerhalb von 500 Jahren zu erwarten ist.

Eidgenössisches Massnahmenprogramm zum Erdbebenrisikomanagement

Erdbeben sind die Naturgefahr mit dem grössten Schadenspotential für die Schweiz. Seit über 20 Jahre ist deshalb ein Massnahmenprogramm in Kraft, um ein umfassendes Erdbebenrisikomanagement auf Bundesebene sicherzustellen. Das Programm wird alle vier Jahre aktualisiert und vom Bundesrat zur Kenntnis genommen.

Unter der Leitung der Koordinationsstelle für Erdbebenvorsorge des Bundes, angesiedelt beim Bundesamt für Umwelt, wird das Massnahmenprogramm vorangetrieben und im Kompetenzbereich des Bundes umgesetzt. Der SED leistet als Fachstelle für Erdbeben einen wesentlichen Beitrag dazu.

Weitere Informationen

Medienmitteilungen des Bundesrates vom 13. Dezember 2024:

Erdbebenvorsorge: Bund aktualisiert sein Massnahmenprogramm

Bundesrat verabschiedet Botschaft zur Finanzierung der Behebung von Gebäudeschäden bei Erdbeben