Forschungsfelder

Die seismologische Forschung ist eine der Kernaufgaben des Schweizerischen Erdbebendienstes (SED) an der ETH Zürich. Die Mehrheit der Mitarbeitenden engagiert sich in diesem Bereich. Viele Projekte erfordern eine rege Zusammenarbeit mit anderen Forschungsgruppen an der ETH Zürich und im internationalen Umfeld.

Ziel der Forschung beim SED ist es primär, Erdbeben und ihre Auswirkungen besser zu verstehen und damit einen Beitrag zum Umgang mit dieser Naturgefahr zu leisten, die weltweit eine Bedrohung darstellt. Gleichzeitig suchen wir innovative Wege, um mit seismologische Methoden mehr über fundamentale Prozesse der Erde zu erfahren: Wie entstehen die Alpen? Wie stabil ist ein Hang? Wie bewegen sich Gletscher? Wie kann man induzierte Erdbeben in der Geothermie begrenzen? Wie gefährlich sind Verwerfungen für ein Endlager? Wie stark wird der Boden an einem bestimmten Ort während eines Bebens erschüttert? Wie können wir Erdbeben (besser) vorhersagen?

Die aufgeführten Forschungsfelder beleuchten, in welchen Bereichen der SED besonders aktiv ist und geben einen Einblick in die verschiedenen Tätigkeiten.

Fields of Research

Fields of Research

Erdbebenfrühwarnung

Erdbebenfrühwarnung verfolgt das Ziel, vor Erschütterungen zu warnen, bevor diese an einem Standort auftreten. Industrieanlagen können damit vor dem Eintreffen eines Bebens automatisch abgeschaltet werden und Menschen Schutz suchen, sofern sie die empfohlenen Verhaltensweisen kennen und beim Eintreffen der Frühwarnung entsprechend reagieren. Erdbebenfrühwarnung ist keine Erdbebenvorhersage, da das Beben bereits stattgefunden hat. In der Regel beträgt die Vorwarnzeit nur wenige Sekunden.

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Echtzeitüberwachung

Das dichte seismische Netzwerk der Schweiz liefert Echtzeitinformationen über Bodenerschütterungen in der gesamten Schweiz. Die Gruppe für Echtzeitüberwachung nutzt die automatische Software, die Erdbeben binnen Zehntelsekunden, nachdem sie sich ereignen, misst, charakterisiert und Alarmmeldungen für die zuständigen Behörden und die Bevölkerung auslöst. Zu den weiteren von uns bereitgestellten seismologischen Tools gehören ShakeMaps, welche die landesweit ausgelösten Bodenerschütterungen zeigen. Die Gruppe erforscht überdies aktiv Erdbebenfrühwarnsysteme.

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Ingenieurseismologie

Die Grundlagen zur seismischen Gefährdung liegen in der Ingenieurseismologie; sie beinhalten Erdbebenkataloge für historische und instrumentelle Erdbeben, zuverlässige Bodenbewegungs-Abminderungsmodelle, hochauflösende geologische Untergrundmodelle sowie die Interpretation historischer Beobachtungen. Die Ingenieurseismologie erarbeitet lokale Gefährdungskarten (Mikrozonierungen) und verknüpft die Ergebnisse mit Daten zur Gebäudeverletzbarkeit, um zuverlässige Risikostudien durchführen zu können.

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Statistische Seismologie

Wir untersuchen eher Erdbebensequenzen und ganz allgemein Seismizität – die Verteilung von Erdbeben nach Raum, Zeit und Stärke – als einzelne Erdbeben. Wir interessieren uns dafür, wie Erdbeben sich häufen und wie sie miteinander interagieren. Wir möchten in der Lage sein, die zu Stärke des grösstmöglichen Erdbebens, das in einer Region in einem gegebenen Zeitraum auftreten kann, vorherzusagen und zu verstehen, wie sich die Seismizität auf die Bewohner auswirken wird.

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Numerische Modellierung

Modellierungen von Erdbeben werden dort eingesetzt, wo Registrierungen fehlen, d.h. insbesondere für grosse Schadensbeben und für Standorte im Nahfeld seismischer Quellen. Hierfür können einerseits standortspezifische Bodenbewegungs-Abminderungsmodelle kalibriert werden. Andererseits können auch deterministische Modellierungen des Bruchvorgangs und der Wellenausbreitung für Szenario-Erdbeben verwendet werden. Unablässig hierfür ist eine genaue Einbeziehung der lokalen geologischen Eigenschaften.

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Seismizität in der Schweiz

Der Schweizerische Erdbebendienst (SED) lokalisiert im Schnitt etwa 1'000 bis 1'500 Erdbeben pro Jahr. Allerdings werden nur die wenigsten dieser Beben von der Bevölkerung verspürt. Der Grossteil der registrierten Beben ereignet sich in den Schweizer Alpen, vor allem im Wallis und in Graubünden. Die Erdbeben, die wir in der Schweiz beobachten, sind in erster Näherung die Folge des Aufeinanderprallens der europäischen und der afrikanischen Lithosphärenplatten.

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Historische Seismologie & Paläoseismologie

Die Erkenntnisse über frühere Erdbeben liefern wichtige Hinweise für die Erdbebenvorsorge, und ermöglichen uns, die Beben zu lokalisieren und ihre Stärke abzuschätzen. In der Schweiz treten starke Schadenbeben relativ selten auf, daher sind instrumentelle Daten noch nicht verfügbar. Wir müssen deshalb auf historische Dokumente zurückgreifen und mit geschichtswissenschaftlichen Methoden analysieren, und mit paläoseismologischen Methoden die geologischen Spuren grosser Erdbeben interpretieren.

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Starkbebenseismologie & Standorteinflüsse

Um die seismische Gefährdungsanalyse in der Schweiz zu verbessern, erneuert und erweitert der SED bis 2019 das Starkbebenmessnetz. Mittels geophysikalischer und geotechnischer Messungen werden die Eigenschaften des lokalen Untergrundes jeder Station bestimmt, was es uns erlaubt, die beobachteten Erdbebenaufzeichnungen zu interpretieren. Für diese Messungen wurden spezielle Verfahren entwickelt, u.a. basierend auf der Analyse der seismischen Bodenunruhe.

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Erdbebeninduzierte Phänomene

Nicht nur Erdbeben haben schadhafte Auswirkungen auf Gebäude und Infrastruktureinrichtungen, sondern diese können auch durch sekundäre Erdbeben-induzierte Phänomene verursacht werden wie z.B. durch Bodenverflüssigung, Hangrutsche sowie durch Tsunamis in Seen aufgrund von unterseeischen Rutschungen. Ein Ziel besteht in der Charakterisierung solcher Phänomene für die seismische Gefährdungsanalyse sowie die frühzeitige Erkennung von Massenbewegungen aufgrund typischer seismischer Signale. Ein weiterer Aspekt bilden kurzfristige Erdbebenvorläufer, die durch Prozesse in der Erdkruste entstehen, und elektromagnetische und geochemische Signale erzeugen können.

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Induzierte Seismizität

Vom Menschen herbeigeführte Erdbeben werden als induzierte Seismizität bezeichnet. In der Regel handelt es sich hierbei um sehr kleine Bruchprozesse (Mikroerdbeben), die bei geotechnischen Tätigkeiten aller Art auftreten und nur von hochempfindlichen Instrumenten gemessen werden können. Gelegentlich sind induzierte Erdbeben jedoch so stark, dass man sie spürt oder sie im Gebiet des Epizentrums sogar Schäden verursachen. Daher muss induzierte Seismizität als nicht zu vernachlässigendes Risiko bei umfangreichen geotechnischen Tätigkeiten betrachtet werden, insbesondere in dicht besiedelten Ländern wie der Schweiz. Die Prozesse und Bedingungen, die der induzierten Seismizität zugrunde liegen, sind noch nicht ausreichend erforscht, um nützliche Vorhersagen über die wahrscheinliche seismische Reaktion des Untergrundes auf die geotechnischen Tätigkeiten machen zu können. Die SED-Forschungsgruppe für induzierte Seismizität (INDU@SED) arbeitet intensiv daran, diese Wissenslücke zu schliessen, indem sie das Problem aus verschiedenen Blickwinkeln angeht.

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Seismotektonik

Die Seismotektonik untersucht die Zusammenhänge zwischen Erdbeben, Verwerfungen und tektonischen Prozessen. Sie verwertet Informationen aus mehreren Disziplinen, darunter Seismologie, Geodäsie und Geologie. Die Analyse seismologischer Daten liefert Informationen über die Geometrie und die Bewegungsrichtung von Erdbebenbrüchen. Die kombinierte Deutung zahlreicher Erdbeben erlaubt Rückschlüsse auf das tektonische Beanspruchungsregime, das in Verbindung mit Informationen über die Ausrichtung von Verwerfungen für die Berechnung der Erdbebengefährdung eines Gebietes von grundlegender Bedeutung ist.

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